Groschek: Lengerich darf nicht in den Vorruhestand gehen

NRW Bauminister Michael Groschek

„Ein Bürgermeister kann in den Vorruhestand gehen, aber gleich eine ganze Stadt in den Vorruhestand zu schicken, das ist fatal. Deshalb: Aufbruch muss her, Lengerich muss aufwachen!“
Klartext sprach Michael Groschek, NRW-Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, als er am Mittwoch Lengerich einen Besuch abstattete. Gemeinsam mit Björn Schilling, dem SPD-Bürgermeisterkandidaten für Lengerich, und dem SPD-Landratskandidaten Dr. Stefan Giebel, informierte sich Groschek bei einem Rundgang durch die Innenstadt über Herausforderungen und Aufgaben, vor der die Stadt nun steht.

Scharfe Kritik an der Politik der CDU
Und es gibt viel zu tun. „Seit 1999 haben wir hier Stillstand“, sagte Björn Schilling. Seit die CDU und ihr Bürgermeister Friedhelm Prigge die Geschicke der Stadt lenkten, habe sich praktisch nichts getan, übte er scharfe Kritik. Baugebiete, Industrieansiedlung, städtebauliche Fortschritte insbesondere in der Innenstadt: „Der jetzige Bürgermeister hat praktisch nichts mehr auf den Weg gebracht, vor allem keinen Förderantrag beim Land gestellt. Wir fangen nach der Wahl im September im Grunde wieder bei Null an“, so Schilling. Um Lengerich wieder nach vorne zu bringen, brauche man das Land und den Kreis, appellierte er an Minister Groschek und Landratskandidat Giebel.

Förderanträge stellen
Auf beide kann Schilling zählen. Minister Groschek sagte: „Lengerich ist ein Beispiel dafür, wie man es in der Städtebauförderung nicht machen sollte.“ Allein 2015 stelle die Landesregierung 28 Millionen Euro für Maßnahmen in Städten und Gemeinden bereit – in solchen Kommunen wohlgemerkt, die eine Förderung beantragt haben. „Lengerich war in den letzten Jahren schlicht nicht dabei, von dort kamen einfach keine Anträge.“ Groschek wörtlich: „Wir warten in Düsseldorf geradezu darauf, dass Förderanfragen aus Lengerich kommen. Das Geld liegt doch bereit, wir wollen doch helfen.“

Zentren beleben
Vor allem für die Innenstadt mit ihren Leerständen und den fehlenden Freizeitangeboten insbesondere für junge Leute müsse etwas getan werden, stimmte Groschek den Befürchtungen von Björn Schilling bei. Viele Innenstädte drohten unter dem Druck des im größer werdenden Internet-Handels zu veröden. In den Zentren müsse man mit attraktiven Wohn- und Freizeitmöglichkeiten für Leben sorgen. Von dieser Belebung profitiere dann auch der Handel.

Gemeinsam handeln
Der Minister lobte die Kooperationspläne, die unter anderem Björn Schilling und Tecklenburgs Bürgermeister Stefan Streit umsetzen wollen, um ihre Städte durch Zusammenarbeit voranzubringen. „Überall dort, wo die Bürgermeister über das eigene Haus hinausschauen und unter der Mitwirkung des Landrates zusammenarbeiten, floriert eine Region. Sonst schläft sie ein.“
Landratskandidat Stefan Giebel sagte, er sehe seine Aufgabe als Landrat auch darin, solche Kooperationen zu unterstützen. Und: „Der Landrat muss sich auch als Dienstleister der 24 Kommunen verstehen und alle vorhandenen Fördermittel bei Land, Bund und Europäischer Union für sie ausloten. Das ist bisher nicht optimal gelaufen“, kritisierte er die Kreisverwaltung unter dem amtierenden Landrat Kubendorff.

Historische Bausubstanz erhalten
Bei dem Rundgang durch die Innenstadt wies Björn Schilling auf die von der SPD initiierte Immobilienstandortgemeinschaft (ISG) für Lengerich in. „Wir wollen Eigentümer, Mieter, Interessenten und Investoren ins Boot holen, um zu sehen, was man gemeinsam machen kann.“ Neben der Bekämpfung von Leerständen und besseren Freizeitmöglichkeiten im „Herzen Lengerichs“ gehe es dabei auch darum, die historische Substanz mancher Innenstadtgebäude zu erhalten und wieder stärker „ans Licht zu holen“.

Zuzug junger Familien
Auch müsse Lengerich für Familien attraktiver gemacht werden, waren sich Groschek, Schilling und Giebel einig. Denn schon heute kämen viele Mitarbeiter der großen Firmen aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern – und eben nicht aus Lengerich. „Damit sie nicht nur arbeiten, sondern auch hier herziehen, muss viel getan werden“, sagte Schilling. Die SPD strebe deshalb ein „Bündnis für Familien“ an.
Ein Aspekt dabei sei auch die Verbesserung des Schulstandortes. Größtes Projekt dabei: Ein Neubau für Gymnasium und die kommende Gesamtschule, Kostenpunkt 10 Millionen Euro. „Auch da hoffen wir natürlich auf Hilfe vom Land“.
Groschek sagte auch mit Blick auf den demografischen Wandel, das Land wolle helfen, die „Abwärtsspirale“ zu stoppen. Es sei höchste Zeit, mit Projekten für Städtebau, Freizeit und Familie gegenzusteuern, damit die Menschen auch in Lengerich bleiben – und der Stadt ein ungewollter „Vorruhestand“ erspart bleibe.

Zu den Fotos:
NRW-Städtebauminister Michael Groschek

Lengerich darf nicht in eine Art Vorruhestand versinken, warnen SPD-Bürgermeisterkandidat Björn Schilling (l.) und Minister Michael Groschek.

An historischer Stelle in der Lengericher Innenstadt, am „Römer“: Bürgermeisterkandidat Björn Schilling, Minister Michael Groschek, Landratskandidat Dr. Stefan Giebel.