


Der Zustrom an Flüchtlingen stellt alle bisherigen Koordinaten der Kommunalpolitik auf den Kopf. Doch trotz der Probleme, vor denen Städte und Gemeinden dadurch stehen: „Wenn ein so wohlhabendes Land wie Deutschland damit nicht fertig wird, wer soll es denn dann gebacken kriegen?“ Das sagte Johannes Winkel, Referent aus dem NRW-Ministerium für Inneres und Kommunales, jetzt auf einer Fachtagung der SPD.
Die Tagung, zu der die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) ins Steinfurter Kreishaus eingeladen hatte, befasste sich mit den Herausforderungen der kommunalen Haushalte im nächsten Jahr. Rund 50 SPD-Politiker aus dem Kreis Steinfurt waren der Einladung gefolgt. Sie stimmten zu, als SGK-Kreisvorsitzender Andreas Sievert (Metelen) sagte: „Die Städte und Gemeinden gehen derzeit an ihre Grenzen, um die Flüchtlinge unterzubringen. Die eigentliche Arbeit der Integration leisten Ehrenamtliche. Das ist ein fragiles Gebilde.“
Der Referent aus Düsseldorf sprach von einer „unglaublichen Leistung im ehren- wie im hauptamtlichen Bereich“. Diese Leistung dürfe nicht durch „kleinkarierte politische Scharmützel“ zerstört werden. Winkel forderte, Bund, Länder und Kommunen müssten die Herausforderung als eine Gemeinschaftsaufgabe begreifen.
Die Steuern sprudeln phänomenal
Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise waren die Zahlen und Fakten, die Winkel zur aktuellen Situation der kommunalen Haushalte in NRW vortrug, umso bedeutsamer – und da gab es nach den Worten des Experten sehr wohl schon schwierigere Zeiten. „Wir hatten viel Glück dank der guten steuerlichen Entwicklung und dank des niedrigen Zinsniveaus.“ Besonders die Steuern sprudelten „phänomenal“, im nächsten Jahr werde das Land 10,3 Milliarden Euro in den kommunalen Finanzausgleich geben können.
Allerdings gebe es Risiken für die weitere Entwicklung der Kommunalfinanzen: Was macht die Konjunktur, was tut sich bei den Zinsen? Zudem stiegen die Kosten für Soziallasten und der Jugendhilfe permanent, auch müssten die Folgen der Energiewende beachtet werden. Und natürlich: Wie geht es weiter mit den Flüchtlingszahlen?
Winkel berichtete über den Stand der Gespräche zwischen Bund und Ländern bei den Aufwendungen für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. So erhöhe der Bund für 2015 seinen Beitrag zur Entlastung um eine weitere Milliarde Euro, 216 Millionen davon flössen nach NRW. Ab dem nächsten Jahr will sich der Bund mit 670 Euro je Asylbewerber und Monat an den Kosten für Flüchtlinge beteiligen, von der Antragstellung bis zum Bescheid. „Was danach zu zahlen ist, bleibt dann allerdings Sache der Länder“, so Winkel. Ab 2016 gäbe es zudem weitere Bundesmittel für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, für NRW sind das 76 Millionen Euro. Sie werden pauschal pro Flüchtlingskind an den Jugendhilfeträger weitergereicht.
Land fördert Kommunen bei Bau von Flüchtlingsunterkünften
Für die Kommunalpolitiker eine wichtige Information war der Hinweis von Winkel, dass der Bau von Flüchtlingsunterkünften förderfähig ist – sofern ein städtebaulicher Bezug gegeben ist. „Kommunen müssen also in einem Fördergebiet bauen oder aber die Baumaßnahme innerhalb eines städtebaulichen Zusammenhanges anstreben.“
Sonderhaushalt Flüchtlinge geht nicht
Ebenso aufmerksam registriert wurde allerdings auch sein Hinweis, was nicht geht: „Kommunen können die Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen nicht in einem Sonderhaushalt ausweisen. Das geht absolut nicht, auch dann, wenn sie sich in der Konsolidierung oder Sanierung des Haushaltes befinden.“ Im Kreis Steinfurt hatte die Gemeinde Laer einen solchen Weg angedacht.
Zu den Fotos:
1) 4) Johannes Winkel, Referent aus dem NRW-Ministerium für Inneres und Kommunales, sprach auf einer Fachtagung über die Entwicklung der kommunalen Haushalte.
2) Andreas Sievert, Kreisvorsitzender der SGK: „Das ist ein fragiles Gebilde.“
3) Kommunalpolitiker der SPD nahmen an der Fachtagung teil.
( Fotos: SPD-Presse Kreis Steinfurt)