Dass hinter all den Zahlen und Entwicklungen zum Flüchtlingszustrom immer auch dramatische Schicksale von Menschen stehen – auch das wurde in der Diskussion der SPD mit Kreisdirektor Dr. Martin Sommer in Saerbeck deutlich. Konkret ging es um den Fall der seit Jahren in Ibbenbüren lebenden albanischen Familie Bakalli – eine Familie, die hier bereits gut integriert war. Sie war nach rechtskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge in den Jahren 2013 und 2014 geduldet, dann aber ohne zeitnahe vorherige Ankündigung im November 2015 in einer nächtlichen Aktion abgeschoben worden. Das hatte nicht nur in Ibbenbüren für Empörung gesorgt.
Sommer: „Tragischer Fall“
Kreisdirektor Sommer sagte, dieser Fall berühre auch ihn, er sei „tragisch“, weil die Familie möglicherweise von einem Rechtsanwalt falsch beraten worden sei. Zugleich rechtfertigte er aber auch das Handeln der Ausländerbehörde des Kreises Steinfurt. Bereits im März 2015 sei der Familie in einem Ausreisegespräch mitgeteilt worden, dass sie zurückkehren müsse. Auf die Vorteile einer freiwilligen Ausreise gegenüber einer ansonsten drohenden Abschiebung habe der Kreis deutlich hingewiesen. Die Familie habe danach vier Wochen Zeit gehabt, sich für eine freiwillige Ausreise zu entscheiden. Nach Verstreichen dieser Frist habe der Familie aber klar sein müssen, dass sie jederzeit abgeschoben werden könne.
„Darüber mussten wir sie nicht noch einmal informieren“, verteidigte der Kreisdirektor die sechsmonatige Zeitspanne zwischen dem letzten Ausreisegespräch und der tatsächlichen Abschiebung am 10. November. Sommer übte scharfe Kritik an dem Anwalt der Familie, der ihr wohl vorgemacht habe, sie werde weiter geduldet. „Sollte sich da Vorsatz herausstellen, um mit dem Schicksal dieser Menschen Geld zu verdienen, wäre das mindestens ein Fall für die Standesaufsicht .
Höchstens drei Monate vorher
Die SPD hält eine solche Zeitspanne von sechs Monaten zwischen letztem Ausreisegespräch und tatsächlicher Abschiebung aber grundsätzlich für viel zu groß. „Wenn es so lange dauert, werden falsche Hoffnungen geweckt. Gerade bei Familien mit Kindern sollte es aus humanitären Gründen eine letzte Information höchstens drei Monate vor der Abschiebung geben, am besten noch näher dran am Termin“, forderte die Chefin der SPD-Kreistagsfraktion, Elisabeth Veldhues.
Ihre Fraktionskollegin Gundula Gromme wies auf einen Erlass des NRW-Innenministeriums vom 6. November 2015 hin, wonach sehr viel zeitnäher informiert werden müsse als das im Kreis Steinfurt der Fall ist. Der Kreisdirektor nannte diesen Erlass allerdings „viel zu unpräzise“, er erwarte „klarere Aussagen“ aus Düsseldorf, falls man die Auffassung des Kreises nicht teilt. Der Kreis halte an der Sechsmonatsfrist fest, da eine geplante Abschiebung auch durchführbar sein müsse.