
Immer mehr ältere und pflegedürftige Menschen – und viel zu wenig Pflegekräfte: „Gute Pflege ist aber ein Menschenrecht, die Politik muss deshalb dringend handeln“, sagt die Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus (AG-60plus) im Kreis Steinfurt, Bärbel Rudat. Sie fordert: Pflegeberufe müssen durch attraktivere Lohn- und Arbeitsbedingungen aufgewertet werden.
Der „Pflegenotstand“ war jetzt Thema einer Informations-und Diskussionsrunde, zu der die Arbeitsgemeinschaft eingeladen hatte. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse: Mehr als 30 ältere Menschen trafen sich zunächst im evangelischen Gemeindezentrum in Greven-Reckenfeld und anschließend in der benachbarten Pflegeeinrichtung Matthias-Claudius-Haus. Hier verschafften sie sich einen Einblick in die Praxis alltäglicher Pflege.
Svetlana Mielke, Leiterin des Matthias-Claudius-Hauses, stellte die Einrichtung vor. Geboten werden hier unter anderem betreutes Wohnen, Kurzeitpflege, stationäre Pflege sowie zwei geschützte Bereiche für Menschen mit Demenzerkrankungen. Zum Angebot gehören neben umfangreicher Beratung auch die Vorbereitung von Patientenverfügungen und Sterbekonzepten. Ferner kooperiert das Matthias-Claudius-Haus mit Arztpraxen verschiedener Fachrichtungen sowie mit dem ambulanten Malteser-Hospiz-Dienst.
Zahl der Demenzkranken wird stark steigen
Mielke sagte, im Pflegebereich werde die Demenzerkrankung künftig einen Schwerpunkt bilden. Hier sei künftig mit sehr viel mehr erkrankten Menschen zu rechnen.
Auch über die Personalausstattung informierte Mielke. Sie sei stolz, dass es eine große Zahl von Beschäftigten gebe, die schon viele Jahre im Matthias-Claudius-Haus arbeiten. Zudem sei die Zahl der Ausbildungsplätze auf bis zu zehn erhöht worden, nach der Ausbildung würden auch alle übernommen. Im Verhältnis von weiblichen und männlichen Beschäftigten sei es allerdings immer noch so, dass gut 90 Prozent der Pflegekräfte Frauen seien. Die Bewerbungen von Männern nähmen aber langsam zu.
Bärbel Rudat und die Mitglieder der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft sprachen in der Diskussion die geplanten Neuerungen in der Ausbildung an. Die bisher getrennten Bereiche Kranken-, Kinder- und Altenpflege sollen zu einer allgemeinen Pflegeausbildung zusammengefasst werden. „Eine Sorge ist, dass dabei aufgrund des unterschiedlichen Pflegebedarfs die Spezifizierung der Altenpflege zu kurz kommt“, zitierte Rudat Kritiker der Reform.
Mehr Anerkennung und Unterstützung nötig
Svetlana Mielke befürwortete hingegen die Neuausrichtung. Sie könne dazu führen, dass die Altenpflege attraktiver werde. Voraussetzung sei aber auch, dass Pflegeberufe gesellschaftlich aufgewertet und vor allem besser bezahlt würden. Dem stimmten die Mitglieder der AG-60plus einmütig zu. Auch die Forderungen nach bedarfsgerechten Leistungen für Pflegebedürftige seien gerechtfertigt. Und: „Auch pflegende Angehörige müssen mehr Anerkennung und Unterstützung erfahren“, stimmten Mielke und Rudat überein.
Politik und Verantwortliche seien weiterhin dringend gefordert, dem „Pflegenotstand“ mit zielgerichteten Maßnahmen entgegenzutreten, waren sich alle Teilnehmer am Ende eines informativen Vormittages in einer gut geführten Pflegeeinrichtung einig.
Zum Foto: Mitglieder der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft 60plus informierten sich über das Thema „Pflegenotstand“. Im Matthias-Claudius-Haus verschafften sie sich einen Einblick in die alltägliche Pflegepraxis.