Bei der Integration darf keine Zeit verschwendet werden

Terminal am Flughafen Münster-Osnabrück: Hier beginnt für viele Münsterländer der Urlaub. 300 Meter weiter auf derselben Straßenseite: Ein von Zäunen umgebenes und von Sicherheitskräften kontrolliertes Gebäude, das wie ein riesiges weißes Zelt aussieht: Hier beginnt das neue Leben in Deutschland. Darauf hoffen zumindest die vielen Tausend Menschen, die diese Zentrale Registrierungsstelle für Flüchtlinge am FMO seit September 2015 Tag für Tag betreten.

Wie hier gearbeitet wird, wie die Abläufe sind – davon machten sich am Donnerstagabend viele Sozialdemokraten aus dem Kreisgebiet ein Bild. Unter ihnen der Kreisvorsitzende Jürgen Coße, die Vorsitzende der Kreistagsfraktion, Elisabeth Veldhues, der Landtagsabgeordnete Frank Sundermann und der Grevener Bürgermeister Peter Vennemeyer.

Aus Düsseldorf kam zudem der parlamentarische Geschäftsführer der NRW-SPD, Marc Herter. Er ist einer der Mitverfasser eines Integrationsplanes, den die rot-grüne Koalition auf den Weg bringen will.

Auch die Zahlen der Zentralen Registrierungsstelle am FMO, einer von mehreren des Landes, unterstreichen nach SPD-Auffassung die Notwendigkeit eines solchen Integrationsplanes. So sind allein hier seit September 33 000 Menschen angekommen. „Im November waren es manchmal 1000 an einem Tag, jetzt sind es deutlich weniger“, sagte Annette Bösert, die Leiterin der Registrierungsstelle.

Fotos, Fingerabdrücke, Augenfarbe
Bösert stellte die Einrichtung vor. In dem Gebäude, das zuvor FMO- Ausstellungshalle war und nun vom Land angemietet worden ist, befassen sich rund 90 Mitarbeiter mit der Registrierung der Flüchtlinge. Kontrolle von Papieren und Gesundheit, Fotos, Fingerabdrücke, Körpermaße, Augenfarbe – all das gehört dazu. Am Ende gibt es für jeden Flüchtling einen Ankunftsnachweis und ein Aktenzeichen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – zwingende Voraussetzung für ein folgendes Asylverfahren.

„Wenn es gut läuft, dauert eine Registrierung zehn, zwanzig Minuten. Wenn die Technik nicht mitspielt, kann es aber auch mal zwei Stunden dauern“, erklärte Bösert. Stichwort Technik: Dass die Registrierungs-Software von etlichen Landes- und Bundesbehörden noch immer nicht aufeinander abgestimmt ist, fanden die SPD-Besucher „einfach nur unglaublich“.

Neuer Zustrom nur Frage der Zeit
Am Donnerstag lag die Zahl der Flüchtlinge, die verpflegt, registriert und anschließend auf die Unterkünfte im Land verteilt wurden, unter 100. Aber: „Ich gehe fest davon aus, dass es bald wieder viel mehr sind. Ich rechne mit 800 am Tag.“ Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Menschen über neue Fluchtrouten nach Deutschland kämen. Marc Herter stimmte dem zu: „Das Schließen einer Route zieht nur die nächste nach sich.“

Herter betonte, dass die Mehrheit der Flüchtlinge dauerhaft in Deutschland bleiben werde. „Das muss allen klar sein. Deshalb dürfen wir nicht wie bei früheren Zuwanderungswellen wertvolle Zeit verlieren. Wir müssen sofort Integrationsangebote machen.“ Wohnen, Bildung, Arbeit seien dabei die Kernaufgaben. Ebenso ein klares Bekenntnis gegen Rechtsextremisten. Herter sagte dies ganz bewusst an dem Tag, in dem in Münster erstmals eine geplante Flüchtlingsunterkunft attackiert wurde. SPD-Parteichef Coße pflichtete ihm bei: Der Angriff sei „widerlich und abscheulich.“

Nicht mit dem Grundgesetz wedeln
Herter forderte in der anschließenden Diskussion über die Handlungsfelder einer gelingenden Integration auch: „Wir müssen ein Leitbild vermitteln, in der es unverrückbare Werte gibt, wie zum Beispiel die Gleichstellung von Mann und Frau. Das muss schon in den Sprachkursen beginnen.“ Er warnte aber davor, ständig mit dem Grundgesetz zu wedeln. „Wollen wir aus den Flüchtlingen etwa die besseren Deutschen machen?“

Natürlich ging es am Donnerstagabend auch um ein Argument, mit dem sich die SPD-Basis ständig konfrontiert sieht: „Für die Flüchtlinge macht ihr alles, für uns nichts.“ Herter sprang den Sozialdemokraten in den Kommunen mit diesem Argumenten bei: „Nicht die Flüchtlinge sind der Grund dafür, dass Kitas, Lehrer, Polizisten, bezahlbare Wohnungen oder vernünftige Autobahnbrücken fehlen. Diese Probleme gibt es seit Jahren. Politik und Gesellschaft haben sie sich mit Verdrängen und Verschieben selbst geschaffen. Nur jetzt sind eine Million Menschen mehr von den Problemen betroffen.“

SPD-Fraktionschefin Elisabeth Veldhues nahm das zum Anlass, vor einem Gegeneinander-Ausspielen von Flüchtlingen und Einkommensschwachen zu warnen. Genau das soll auch der Integrationsplan verhindern, betonte Herter: „Dafür ist der da.“

Zu den Fotos:
SPD: Einen Arbeitsplatz in der Zentralen Registrierungsstelle am FMO stellte die Leiterin der Einrichtung, Annette Bösert, Mitgliedern der SPD vor. In den von Stellwänden geschützten Bereichen werden unter anderem auch Fingerabdrücke genommen und Fotos von den Flüchtlingen gemacht.

SPD 2: Marc Herter, parlamentarischer Geschäftsführer der NRW-SPD, diskutierte mit den SPD-Mitgliedern darüber, wie Integration gelingen kann.

SPD 3: Annette Bösert, Leiterin der Zentralen Registrierungsstelle für Flüchtlinge am FMO. (Fotos: SPD Presse Kreis Steinfurt)