

Wie gefährlich ist die Reform der Ausbildung in den Pflegeberufen? „Ich kann jedenfalls nachts nicht mehr ruhig schlafen, wenn es so kommt wie geplant“, sagt Dr. Hans-Georg Hoffmann, Chefarzt der Kinderklinik am Mathias-Spital in Rheine. „Gefährliche Pflege“: Dieses Schlagwort machte jetzt die Runde in einer Diskussionsveranstaltung der SPD zur Pflegeausbildungsreform.
Noch hat der Bundestag nicht entschieden, aber die Bundesregierung hat im Frühjahr das entsprechende Gesetz auf den Weg gebracht: Ab 2018 sollen die bisher getrennten Ausbildungen in der Krankenpflege, in der Altenpflege und in der Kinderkrankenpflege zusammengefasst werden. Nach drei Jahren sollen die künftigen Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner so ausgebildet sein, dass sie in allen drei Berufen arbeiten können.
Die Kritik daran wächst allerdings: „Pflegeausbildung light“ sei das, hieß es auch in der Diskussion in Stroetmanns Fabrik in Emsdetten. Dazu hatte die SPD neben Hoffmann noch Petra Berger, Leiterin des Caritas-Bildungszentrums für Pflege und Gesundheit Rheine/Emsdetten, sowie Pia Evers, Diplom-Pflegewirtin und Dozentin für Pflegewissenschaften, auf das Podium eingeladen.
Völlig unterschiedliche Aufgaben
„Jeder kann dann von allem etwas, aber nichts wirklich gut“, lautete eine Befürchtung aus den Reihen der rund 40 Besucher. Eine Krankenschwester, die vor kurzem nach 20 Berufsjahren in einem Krankenhaus in eine Einrichtung der Altenpflege gewechselt ist, warnte: „Die Aufgaben in beiden Bereichen sind völlig unterschiedlich. Es ist nicht möglich, zwei oder gar drei Berufe in drei Jahren zu lernen.“
Vor allem Chefarzt Dr. Hoffmann sah das ähnlich: „Ich kann mit einer generalistischen Ausbildung nichts anfangen, das raubt mir den Schlaf. Denn an eine Kinderkrankenschwester werden doch völlig andere Anforderungen gestellt als an jemanden, der in der Altenpflege arbeitet.“ Er habe kein Problem damit, dass die Ausbildung in einigen Bereich gemeinsam erfolge. Aber: „Wer in einer Kinderklinik arbeiten möchte, der muss auch zum ganz überwiegenden Teil in einer Kinderklinik lernen“, forderte Hoffmann.
Nach der Ausbildung ausbilden
Es könne nicht mehr zu behebende Folgen für die kleinen Patienten haben, wenn das heute sehr gute Ausbildungsniveau verloren ginge. Jede Kinderklinik sei aber nur so gut wie ihre Kinderkrankenschwestern. „Wir müssten deshalb die fachlichen Mängel unserer neuen Mitarbeiter durch weitere, langjährige Fortbildungen auffangen. Wer soll das bezahlen?“
Wesentlich positiver fiel das Fazit der Pflege-Dozentin Pia Evers zur Reform der Pflegeausbildung aus. Die neuen Pflegefachkräfte würden künftig nicht mehr „nur klein-klein“ in ihren jeweiligen Bereichen, sondern stattdessen umfassender in der „gemeinsamen Kernaufgabe Pflege“ ausgebildet. Es sei auch keineswegs so, dass die Spezialisierung in der Ausbildung auf der Strecke bleibe. Aber: „Die Auszubildenden sind flexibler, sie müssen sich nicht sofort auf etwas festlegen. Sie können ihr allgemeineres Wissen mitnehmen und sich überall einarbeiten.“ Zum Thema Fortbildungen sagte Evers: „Das muss heute einfach erwartet werden. Wir brauchen Leute, die sich permanent qualifizieren, niemand darf nach der Ausbildung mit dem Lernen aufhören.“
Appell: Die Reform überdenken
Überzeugen konnte Evers damit allerdings nur die wenigsten. Auch Petra Berger, Leiterin des Caritas-Bildungszentrums für Pflege und Gesundheit, warnte davor, „eine künstliche Pflegeausbildung zu kreieren, von der keine Fachleute und nur die Politiker überzeugt sind.“ Sie appellierte daran, inne zuhalten, noch einmal gründlich nachzudenken und dann einen neuen Anlauf für die Reform zu nehmen.
Dies ist ganz im Sinne der SPD, wie Elisabeth Veldhues, Chefin der SPD-Kreistagsfraktion, deutlich machte. „Meine Begeisterung für die generalistische Ausbildung hält sich sehr in Grenzen. Wir haben es hier mit Berufen zu tun, bei denen es um Menschenleben geht.“ Sie forderte, dass mindestens der Beruf der Kinderkrankenschwester herausgenommen wird aus der Ausbildungsreform. „Sonst könnte ich auch nicht mehr ruhig schlafen“, pflichtete ihr die Hörsteler SPD-Kreistagsabgeordnete Annette Wenzel bei. Sie wird in Kürze Oma.