


Wer würde diese Aussage nicht unterstützen? Schwieriger wird es, wenn das Kind sich anders entwickelt, als die Eltern es erwartet haben, wenn es eine Behinderung hat. Nicht selten müssen Eltern, die mit der Pflege überfordert sind, ihr Kind in andere Hände geben. Eine Frau, die mit ihrer Familie den umgekehrten Weg gegangen ist, lernten die Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion bei der diesjährigen Sommertour kennen.
Pflegekindern eine Lobby bieten
Waltraud Timmermann aus Ibbenbüren hat neben ihren eigenen drei Kindern fünf Pflegekindern mit unterschiedlichsten Behinderungen ein neues Zuhause gegeben. Ehrenamtlich engagiert sie sich zudem als stellvertretende Bundesvorsitzende im Bundesverband behinderter Pflegekinder. Dieser Verein wolle behinderten Kindern, die nicht in ihrer Ursprungsfamilie aufwachsen können, eine Lobby bieten. Gleichzeitig vertrete der BbP e.V. die Interessen der Pflegeeltern, die Kinder mit Behinderungen aufnehmen und ihnen ein familiäres Umfeld bieten, berichtete Waltraud Timmermann.
Von der Tagespflege zur Pflegefamilie
Mit wachsender Bewunderung lauschten die Teilnehmer der Runde den Beschreibungen von Frau Timmermann. Begonnen hätten sie und ihr Mann – er ist gelernter Krankenpfleger und arbeitet auch noch Vollzeit in diesem Bereich – mit der herkömmlichen Tagespflege von Kindern. Vorwiegend Kinder russlanddeutscher Eltern hätten sie betreut, während deren Eltern einen Sprachkurs besuchten. Der häufige Wechsel sei jedoch für die leiblichen Kinder der Familie schwierig gewesen, so dass sie und ihr Mann sich zur Dauerpflege entschieden hätten. Heute leben bei den Timmermanns drei Mädchen mit körperlichen und geistigen Behinderungen. Anhand von Fotos schilderte Frau Timmermann die Geschichte von Marie, der die Ärzte zunächst nur eine Lebenserwartung von zwei Jahren vorausgesagt hatten. Heute sei Marie acht Jahre alt. Es habe zwar immer wieder schwere Zeiten gegeben, da sie häufiger am Kopf operiert werden musste, aber sie sei ein fröhliches Kind. Die leiblichen Eltern hätten den Kontakt allerdings bereits seit vielen Jahren abgebrochen. Kein Einzelfall, wie Frau Timmermann auf Nachfrage bestätigte. Für sie sei das Leben mit den Pflegekindern nicht anders als mit anderen Kindern. Natürlich brauche sie ein großes rollstuhlgerechtes Auto und auch das Haus habe einen Anbau benötigt, aber sie versuchten, ein möglichst normales Leben zu führen. „Wir machen alles, es ist nur alles etwas schwieriger, z. B. ein Zoobesuch“, berichtete Frau Timmermann. Die Pflegekinder besuchten den Kindergarten bzw. die Schule. „Die Kinder lieben es, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein“, betonte sie. Zuhause werde sie nicht nur von ihrem Mann unterstützt. Mit dem Pflegegeld hätten sie die Möglichkeit, unterstützende Pflegeleistungen zu finanzieren. Wegen der häufigen Notfälle habe sie inzwischen auch jemanden für die Nachtpflege.
Schwierige Zusammenarbeit mit den Behörden
Problematisch sei jedoch der Umgang mit den Behörden. Es gäbe Eltern, die mit bis zu 15 verschiedenen Ansprechpartnern für ihre Pflegekinder zu tun hätten. Vor allem, wenn es zu einem Wechsel im Zuständigkeitsbereich käme, müsste die Unterstützung bei Jugendämtern bzw. Sozialämtern immer wieder neu erkämpft werden, teilweise mit Rechtsanwalt. Fehlende Ausführungsbestimmungen zum Bundessozialgesetz in NRW oder Jugendämter, die bereits bestehende Verträge mit anderen Jugendämtern nicht übernehmen wollten und die Einsparversuche in den Verwaltungen treffen nicht selten auch die Pflegeeltern behinderter Kinder.
Elisabeth Veldhues, Vorsitzende der SPD-Kreistagsfaktion und Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen sowie ihr Stellvertreter Peter Middendorf, in leitender Funktion im Bereich der Jugendhilfe tätig, bedankten sich ausdrücklich bei Waltraud Timmermann für ihre lebensnahen Darstellungen und die kritischen Anmerkungen. Die Kreistagsfraktion werde sich in einer der nächsten Sitzungen intensiv über Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation austauschen.
Fotos: a) Marie
b) Waltraud Timmermann
c) SPD Kreistagsfraktion mit Waltraud Timmermann (2 v.l.)