Nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Petra Berger (links) mit den Vertretern der Kreistagsfraktion
Vertreter der SPD-Kreistagsfraktion informieren sich über die Altenpflege-Ausbildung im Kreis.

Auf 8000 Stellen in der Pflege und flächendeckende Tarifverträge haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt. „Diese Zahl ist natürlich ein Witz, gemessen an dem, was wirklich gebraucht wird“, sagt Petra Berger, die Leiterin des Caritas Bildungszentrum für Pflege und Gesundheit in Rheine. 8000 Stellen ergeben 0,6 zusätzliche Stellen pro Heim. Ein Tropfen auf den heißen Stein, finden auch die Vertreter der SPD-Kreistagsfraktion, die sich mit Berger zu einer Diskussionsrunde in den Räumen an der Devesburgstraße getroffen haben. Denn, auch wenn Gesundheitsminister Spahn jüngst versprochen hat es würde mehr getan, schätzen Experten, dass bis 2030 etwa 100.000 Pflegekräfte fehlen.

Das Bildungszentrum in Rheine ist einer von acht Bildungszentren der Caritas Bildungswerk Ahaus GmbH mit insgesamt 1.200 Auszubildenden im gesamten Westmünsterland. In sieben Fachseminaren werden Altenpflegeschüler und Altenpflegeschülerinnen ausgebildet. Ergänzt wird das Angebot durch Altenpflegehilfekurse.

Vielfältige Tätigkeit

„Die Arbeit der Altenpflegerinnen und Altenpfleger ist vielfältig. Sie reicht von der unterstützenden medizinischen Diagnostik bis hin zur Tagesgestaltung für die alten Menschen. Von der Pflege und Dokumentation bis hin zu rechtlichen Aspekten“, sagt Berger. Die Ausbildung Altenpflege dauert drei Jahre. Sie ist aufgeteilt in theoretische Abschnitte im Bildungszentrum und praktische in den Altenpflegeeinrichtungen.

Etwa 130 Altenpflegeeinrichtungen gibt es im Kreis Steinfurt. Dem steht die Zahl von jährlich 200 Absolventen der Pflegeschulen gegenüber. „Die Pflegeeinrichtungen werben um jeden Schulabgänger“, sagt Petra Berger, „in der Vergangenheit ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Pflegerinnen und Pflegern immer weiter gestiegen. Allerdings ist die staatliche Finanzierung der Ausbildungsplätze gleichzeitig immer weiter zurückgefahren worden. So wurden die Betriebskosten in NRW seit 20 Jahren rigoros zurück gefahren von ehemals 700 DM auf mittlerweile 280 Euro bei steigenden Personalkosten. Ohne finanzielle Unterstützung unseres kirchlichen Trägers könnten wir die Bildungseinrichtung nicht aufrechterhalten.“

Neue Wege gehen

Die SPD-Vertreter haken nach, es werde viel diskutiert über Überstunden in den Pflegeeinrichtungen, hohen Zeitdruck bei der Pflege alter Menschen und schlechte Bezahlung. „Trotzdem ist es falsch“, sagt Berger, „dass sich nicht genügend junge Leute für den Beruf Altenpflege begeistern würden. Zusätzlich gehen wir neue Wege, wir qualifizieren Ältere und nutzen die Chancen der Digitalisierung als Unterstützung und Erleichterung in der Pflege.“

Bessere finanzielle Ausstattung

Allerdings müssen die Schulen für ihre Aufgaben besser ausgestattet werden, damit dem Pflegenotstand der kommenden Jahre begegnet werden kann. Denn es gelte noch ein weiteres Problem anzugehen: 2017 sei mit dem Pflegeberufe-Gesetz die generalistische Ausbildung für Kinderkranken-, Kranken- und Altenpflege eingeführt worden. Nun müsse, so Berger weiter, die gesamte Ausbildung umgestellt, weitere Lehrkräfte eingestellt und neues Lernmaterial angeschafft werden. Hessen und Schleswig-Holstein haben reagiert und statten die Altenpflegeschulen bereits 2018 besser aus. In NRW sind die Fachseminare unterfinanziert und werden es offenbar auch bleiben.

„Die SPD-Kreistagsfraktion hat das Pflegeberufe-Gesetz damals kritisiert. Für uns hat es keinen Sinn gemacht, Pflegeberufe mit unterschiedlichen Anforderungen gemeinsam auszubilden“, fasst Elisabeth Veldhues, SPD, die Diskussion von 2017 zusammen, „doch nun, da das Gesetz verabschiedet ist, gilt, die Musik, die man bestellt, muss man bezahlen. Ohne ausreichend finanzierte Ausbildungsplätze wird es nicht genügend Pflegerinnen und Pfleger geben.“