Die Haushaltsrede 2019 von Jürgen Coße, Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag. –
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Landrat,
wir im Kreis Steinfurt sind NRW im Kleinen. Mit allen Chancen und mit allen Risiken.
Wer in einer Demokratie etwas umsetzen will braucht Mehrheiten. Aber nicht nur das – er braucht auch den Mut zu Entscheidungen.
Als wir als SPD im Kreis Steinfurt die Start- und Landebahnverlängerung am FMO beenden wollten, wurden wir anfangs belächelt und Mehrheiten waren erst nicht in Sicht. Bei dem Entschuldungskonzept des Flughafens hatte ich manchmal den Eindruck, hier im Kreistag wollen einige den Flughafen dichtmachen. In der Globalisierung ist ein Tor zur Welt zwar nicht alles. Aber ohne diesen Flughafen ist dieses Tor im Kreis Steinfurt erst gar nicht vorhanden.
Als wir als SPD im Kreis Steinfurt das Sozialticket einführen wollten, um auch Menschen mit geringem Einkommen Mobilität zu ermöglichen, wurden wir anfangs belächelt und Mehrheiten waren erst nicht in Sicht.
Auch als wir für das Azubiticket eintraten, um Gerechtigkeit gegenüber Studierenden zu schaffen und die berufliche Ausbildung zu stärken, waren Mehrheiten erst nicht in Sicht.
Als wir das Kommunale Integrationszentrum schaffen wollten, um die vielen Ehrenamtlichen bei der Integration Geflüchteter nicht im Stich zu lassen oder als wir die WertArbeit erhalten wollten, um Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu bieten, wurden wir anfangs belächelt und Mehrheiten waren erst nicht in Sicht.
Vielleicht sind das gute Beispiele, dass Mut zu Entscheidungen notwendig ist. Gleichzeitig wissen wir aber, dass dieser Mut nie ohne Mehrheiten auskommen kann, wenn er in praktische Handlungen umgesetzt werden soll.
Daher macht sich die SPD-Kreistagsfraktion immer auf die Suche nach Mehrheiten für ihre Ideen. Den Mut, den haben wir sowieso!
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Sehr geehrte Damen und Herren,
das Sozialticket ist eingeführt, beim FMO deutet alles auf den gewünschten Aufschwung hin und das Azubiticket wird kommen. Die WertArbeit wird nicht mehr infrage gestellt. Das Kommunale Integrationszentrum leistet unverzichtbare Arbeit. Auf diese Erfolge sind wir stolz und sie sind gut für den Kreis Steinfurt.
Wir bleiben aber nicht in der Vergangenheit stehen, sondern blicken nun nach vorne. 13 Anträge haben wir in diesem Jahr zum Haushalt 2019 gestellt.
Es sind nicht die gleichen Anträge wie im letzten Jahr. Es gibt ja durchaus Anträge anderer Parteien hier im Kreistag, nach denen man die Uhr stellen kann. Nein – es sind Ideen für morgen, für die wir Mehrheiten suchen.
Dabei gibt es für uns einen wichtigen Grundsatz:
Wir wollen einen vorsorgenden Staat. Der am Anfang alles versucht, damit Probleme am Ende erst gar nicht entstehen. Da, wo wir nach diesem Grundsatz als Kreis gestalten können, wollen wir vorangehen.
Sorgen wir heute dafür, dass morgen die Reparaturkosten nicht höher sind als die Anschaffungskosten! Das ist im Grunde ganz einfacher, gesunder Menschenverstand.
Wir dürfen gedanklich nicht im Jahr 2019 stehen bleiben, wir müssen weiter nach vorne blicken. Natürlich ist es leicht, in wirtschaftlich starken Zeiten die soliden Finanzen zu loben. Uns wäre etwas weniger Rückspiegel und etwas mehr Blick nach vorne lieber. Die Vergangenheit kann man nicht mehr gestalten. Die Zukunft wartet darauf.
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Daher müssen wir jetzt mit Augenmaß und Vernunft investieren und uns jetzt kümmern:
Wir wollen guten und bezahlbaren Wohnraum. Seit Jahren betonen wir, dass Wohnraummangel nicht nur in München, Münster oder Frankfurt eine Rolle spielt. Auch hier vor Ort fehlt bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum in den unteren Preissegmenten. Schon lange haben wir daher die Idee, dass der Kreis Steinfurt selbst in die Versorgung mit gutem und bezahlbarem Wohnraum einsteigt. Für uns ist klar: die Sonntagsreden reichen nicht. Wir wollen jetzt einen Aufbruch! Ohne ein solches Signal können und werden wir den Kreishaushalt für 2019 nicht mittragen!
Wir wollen den besten Nahverkehr, den wir organisieren können. Das gilt für den Preis genauso wie für die Qualität. Mobilität im 21. Jahrhundert ist eine entscheidende Zukunftsfrage in unserer ländlichen Region. Neben Sozialticket und Azubiticket brauchen wir dafür flächendeckend günstigere Tarife und eine bessere Taktung der Fahrtzeiten. Nur so schaffen wir einen attraktiven und bezahlbaren Nahverkehr. Nur so bekommen wir mehr Menschen vom Auto in Bus und Bahn. Das ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll!
Wir wollen Sport und Ehrenamt fördern. Dafür wollen wir die finanzielle Förderung an die Vereine erhöhen und den Kreissportbund stärken!
Wir wollen den Fachkräftemangel in den Verwaltungen bekämpfen. Dafür muss der Kreis mehr ausbilden! Wer nur von einem schlanken Staat, einer schlanken Verwaltung, träumt, der wacht allenfalls in einem geschwächten Staat auf.
Wir wollen im Umweltschutz eine Vorreiterposition einnehmen. Daher schaffen wir Stellen für die Erstellung der Landschaftspläne und im Veterinäramt.
Wir wollen dem drohenden Pflegenotstand begegnen. Daher wird ab dem nächsten Jahr die Altenpflegehelferausbildung im Kreis Steinfurt gefördert!
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Für uns gilt: wer 100 Prozent fordert und 90 Prozent bekommt, der sollte nicht mit 0 Prozent nach Hause gehen. Das wäre das Gegenteil von klug und weise. Daher können wir unter diesen Bedingungen dem Haushalt 2019 zustimmen. Der Dank der SPD-Kreistagsfraktion geht in die Richtung der Kolleginnen und Kollegen, die dabei mitgeholfen haben, Anträge und Ideen in den Ausschussberatungen und den vielen Gesprächen sogar noch besser zu machen.
Ich habe großen Respekt vor jedem einzelnen und jeder einzelnen Kreistagsabgeordneten. Der Haushaltsplan ist das Instrument der Gestaltung des Kreises Steinfurt. Das machen wir selbstbewusst – auch gegenüber der Verwaltung. Denn: „ohne Moos nichts los“.
Mein Dank gilt zuletzt allen Fraktionen und der Verwaltung.
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Schließen möchte ich mit einem Motto:
Das Mögliche und Machbare erreichen – ohne das Grundsätzliche aus den Augen zu lassen.
Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Wir wollen, dass es so bleibt. Das ist aber auch der Widerspruch unserer Zeit. Die Chancengerechtigkeit ist ungleich verteilt. Nicht nur bei uns in Deutschland, auch bei uns im Kreis Steinfurt.
Nicht die Größe der Geldbörse darf über die Zukunft unserer Kinder entscheiden. Wenn Herkunft über Zukunft entscheidet, dann machen wir vieles falsch. Da, wo wir das im Kreis Steinfurt besser machen können, müssen wir es besser machen.
Einige unserer Vorstellungen sind durch unsere Anträge beschrieben, weitere werden sicher folgen. Wir hören nicht auf, wir machen weiter. Um die besten Lösungen streiten, wo es notwendig ist, sich da einigen, wo es möglich ist. Die SPD-Kreistagsfraktion geht niemandem aus dem Weg, erst recht nicht dem Streit um die beste Lösung.
Es liegen noch weitere Aufgaben in einer aufgeregten Welt vor uns. Was wir auf jeden Fall brauchen:
Mut für eine gute Zukunft!
Jürgen Coße, Fraktionsvorsitzender der SPD