In Deutschland leben über 1,5 Millionen Mütter und Väter, die ihre Kinder alleine großziehen müssen. Ein Drittel von ihnen ist akut armutsgefährdet. Das sind mehr als doppelt so viele im Vergleich zur Gesamtgesellschaft. Denn: trotz stetig wachsender Betreuungsangebote leidet unter der Vollzeitaufgabe Kinderbetreuung vor allem der Beruf. Und ohne dauerhaftes Erwerbseinkommen leiden nicht zuletzt auch die Kinder. Welche Möglichkeiten zur Unterstützung es neben den staatlichen Angeboten gibt, hat die SPD-Kreistagsfraktion nun im Dialog mit dem NRW-Landesverband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) erörtert.
Randzeitenbetreuung für schwierige Arbeitszeiten
VAMV-Vorstandsmitglied Antje Beierling berichtete den Kommunalpolitikern von einem Modellprojekt des Verbandes in der Stadt Essen mit dem Namen ‚Sonne, Mond & Sterne‘: „keine KiTa und keine Schule kann eine Betreuung in den frühen Morgenstunden oder den spätesten Abendstunden organisieren. Hier stehen Alleinerziehende dann vor unlösbaren Problemen. Der Köchin in der Gastronomie, dem Industriefacharbeiter im Schichtdienst oder der Krankenpflegerin helfen die KiTa oder der Offene Ganztag von 8 bis 16 Uhr nur bedingt. Gerade in der Ausbildung oder in befristeten Arbeitsverträgen besteht häufig keine Möglichkeit individueller Absprachen mit dem Arbeitgeber. Die Folge ist dann, dass alleinerziehende Mütter und Väter unverschuldet in Hartz IV rutschen“, erläutert Beierling die Problemlage.
Das Projekt ‚Sonne, Mond & Sterne‘ hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, diejenigen Randzeiten abzudecken, die jenseits staatlicher Angebote liegen. Geschulte Ehrenamtliche besuchen als sog. „Kinderfeen“ die Familien. Hauptziel ist die Abdeckung der Zeiten ganz früh morgens und spät abends. Die Kinderfeen bereiten das Frühstück zu, wecken die Kinder und bringen sie in die KiTa oder Schule. Abends betreuen sie die Kinder, bringen sie ins Bett und schlüpfen bis zur Rückkehr des Elternteils in die Rolle eines Babysitters. Die Ehrenamtlichen sind meist Studierende oder Rentnerinnen und Rentner, die vor dem Einsatz besonders geschult werden. Finanziert wird das Projekt, an dem zurzeit rund 20 Familien teilnehmen, durch die Stadt Essen. Für die Eltern ist es kostenlos. „Nach aktuellen Berechnungen fließen für jeden investierten Euro je sechs Euro in die Gesellschaft zurück“, erklärt Beierling.
Präventive Sozialpolitik im besten Sinne
„Das ist ein wunderbares Beispiel für gute, präventive Sozialpolitik“, freut sich Elisabeth Veldhues, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Kreistagsfraktion, über das Engagement. Vergleichbare Angebote, wie etwa den Oma-und-Opa-Hilfsdienst in Rheine, gebe es vereinzelt schon im Kreis Steinfurt. „Für uns Sozialdemokraten ist aber klar: Alleinerziehende brauchen besondere Unterstützung. Sie dürfen vom Staat nicht im Stich gelassen werden. Wir nehmen das Essener Projekt daher zum Anlass, auch im Kreis Steinfurt nach passgenauen Lösungen zu suchen“, so Veldhues abschließend.