Am letzten Plenartag vor der Sommerpause als Gast den Deutschen Bundestag besuchen. Das ist schon etwas Besonderes. Jürgen Coße, Bundestagsabgeordneter aus Neuenkirchen, hatte die Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion eingeladen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Sarah Lahrkamp begrüßte er die Gäste zunächst im Seminarraum des Bürogebäudes an der Wilhelmstraße zu einem einstündiges Informationsgespräch. Im Anschluss daran ging es für die Gruppe auf verschlungenen, unterirdischen Pfaden direkt ins Reichstagsgebäude. Fast 500 Meter durch erleuchtete Tunnel, vorbei an einer Gemäldegalerie und einem Kunstobjekt mit den Namen aller Abgeordneten der Bonner Republik sowie einem Raum mit dem Titel Ost + West, an dessen Wänden eine Markierung auf den Mauerverlauf und die Teilung Berlins bis 1989 hinweist. Ein Weg, den sonst nur Abgeordnete und deren Mitarbeitende nutzen.
Im Bundestag angekommen, konnten die Besucher als erstes einen Hammelsprung live erleben. Dabei müssen alle Abgeordneten durch einzelne Türen mit dem Eingangsschild „Ja“, „Nein“, „Enthaltung“ in den Plenarsaal zurückgehen und werden einzeln gezählt. Durch diese Einzelzählung soll die genaue Zahl der Stimmen festgehalten werden, wenn Zweifel an einer Abstimmung per Handzeichen bestehen. Ein seltenes Ereignis im Deutschen Bundestag, sehr aufwendig und zeitintensiv.
Neben der interessanten Atmosphäre im Plenarbereich beeindruckte die Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion besonders der Eingangsbereich des SPD-Fraktionssaals. Dort befindet sich u.a. eine Galerie mit den Namen aller Abgeordneten des Reichstages, die 1933 als einzige Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatten. In dem großen, hellen Raum, in dem sich sonst jeden Dienstag die 206 SPD-Bundestagsabgeordneten treffen, wurde intensiv über aktuelle Themen diskutiert. Die Zukunft der Krankenhäuser und die Finanzierung der Kindergrundsicherung gehörten dazu, aber auch das weitere Vorgehen im Ukrainekrieg. Bundesthemen, deren Auswirkungen bis auf die kommunale Ebene zu spüren sind. Der erste Reisetag endete mit einem Besuch der Reichstagskuppel und einem Abendessen am Potsdamer Platz.
Am Samstag stand dann ein Besuch im Informationszentrum des Bundesnachrichtendienstes (alles ganz geheim) und des Gedenkortes Tränenpalast, dem Grenzpunkt am Bahnhof Friedrichstrasse, auf dem Programm. Wer Lust hatte, konnte noch bis 22 Uhr bei der Loveparade zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule mittanzen und ab Sonnenuntergang politische Bildung genießen. Noch bis zum 3. Oktober wird an der Fassade des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, am Spreeufer gegenüber dem Reichstag, eine sehr sehenswerte Film- und Lichtshow zur Geschichte des Parlamentarismus gezeigt (https://www.bundestag.de/grossbildprojektion).
Mit einer Schifffahrt auf der Spree und dem Landwehrkanal ließen die Kreistagsmitglieder die Zeit in Berlin am Sonntag ausklingen. Die Tour endete, wie sie begonnen hatte: mit der Fahrt in dem nicht klimatisierten Waggon des IC. Auch die Bundestagsabgeordneten kennen die Thematik gut. Jürgen Coße hatte berichtet, dass seine Zugfahrten nach Berlin zwischen 4 und 10 Stunden dauern können.